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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 16.01.2008
Aktenzeichen: 1 Ws 309/07
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 81 a Abs. 1 Satz 2 | |
StPO § 205 | |
StPO § 304 | |
StPO § 305 Satz 1 | |
StPO § 305 Satz 2 | |
StPO § 473 Abs. 1 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss
1 Ws 309/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht
In der Strafsache
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz;
hier: Bestellung eines Sachverständigen
hat der 1. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Thaeren-Daig, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Weckbecker und die Richterin am Oberlandesgericht Michalski
am 16. Januar 2008
beschlossen:
Tenor:
1. Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Neuruppin vom 8. Oktober 2007 wird verworfen.
2. Der Angeklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die ihm in diesem entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
I.
Mit zur Hauptverhandlung zugelassener Anklage der Staatsanwaltschaft Neuruppin vom 1. April 2003 wird dem Angeklagten ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen. Nachdem zu Beginn der Hauptverhandlung seine Verhandlungsunfähigkeit festgestellt worden war, wurde der Angeklagte wiederholt ärztlich untersucht und das Verfahren gemäß § 205 StPO eingestellt.
Am 27. Februar 2007 beauftragte die 1. große Strafkammer des Landgerichts Neuruppin erneut den Chefarzt der .................mit der Erstellung eines Gutachtens zur Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten. Nachdem der Sachverständige auch auf Nachfrage der Kammer nicht reagierte, nahm die Kammer unter dem 17. Juli 2007 den Gutachtenauftrag zurück und beauftragte nunmehr unter dem 19. Juli 2007.............., ein Gutachten über die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten zu erstellen. Dieser bat als den Angeklagten behandelnder Arzt unter Hinweis auf das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Angeklagten um Entpflichtung. Daraufhin bestellte die Kammer am 8. Oktober 2007 auf Empfehlung des Prof. ...........Dr. ..............vom ................Berlin zum Sachverständigen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde vom 18. Oktober 2007 wendet sich der Angeklagte gegen die Bestellung.............., da die Gutachtenerstellung durch ihn sein Vertrauensverhältnis zum Ärzteteam ..................angehöre, beeinträchtigen würde.
Das Landgericht hat mit Verfügung vom 2. November 2007 der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat in ihrer Stellungnahme vom 7. Dezember 2007 die Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig beantragt.
II.
1. Die Beschwerde des Angeklagten ist gem. § 304 StPO zulässig.
Die Ausschlussregelung des § 305 Satz 1 StPO, die dem Urteil vorgelagerte Entscheidungen des erkennenden Gerichts grundsätzlich der Beschwerde entzieht, steht dem nicht entgegen. Der angefochtene Beschluss ordnet u.a. die polizeiliche Vorführung des Angeklagten an, wenn er der Ladung des Sachverständigen nicht Folge leiste.
Der angefochtene Beschluss ermöglicht demnach eine Maßnahmen von gleicher Wertigkeit, wie die in § 305 Satz 2 StPO nicht abschließend genannten Anordnungen und führt so, abweichend von § 305 S.1 StPO, zur Zulässigkeit der Beschwerde (vgl. Meyer-Goßner StPO, 50. Aufl., § 305, Rn. 7).
2. Das Rechtsmittel hat in der Sache aber keinen Erfolg.
a) Weder die Anordnung der polizeilichen Vorführung im Falle der Nichtfolgeleistung der Ladung des Sachverständigen (gegen die sich der Angeklagte nicht wendet) noch die Auswahl des Sachverständigen vom Gericht sind zu beanstanden. Inwieweit durch die Gutachtenerstattung durch ..........das Vertrauensverhältnis zu allen Mitgliedern des Ärzteteams der Charité im Bereich Hepatologie und Gastroentterologie gestört werden soll, ist nicht ersichtlich, zumal nicht einmal gewiss ist, dass Dr. . als Mitglied des Ärzteteams den Angeklagten überhaupt persönlich behandelt hat und an der weiteren erforderlichen Behandlung des Angeklagten persönlich mitwirken wird. Auch teilt der Sachverständige offensichtlich nicht die Bedenken des Angeklagten, wenn er sich gegenüber Prof. Dr. Neuhaus zur Gutachtenerstellung bereit erklärt hat.
Soweit der Angeklagte darauf hinweist, Dr. . habe Zugriff auf alle vom Team erhobenen Daten, ist dies unbeachtlich, da der Sachverständige sein Gutachten auf der Grundlage der von ihm selbst festgestellten Untersuchungsergebnisse und der ihm vom Gericht zur Verfügung gestellten Unterlagen zu erstatten haben wird.
b) Der Senat weist aber darauf hin, dass der Gutachtenauftrag gegebenenfalls der Ergänzung und Konkretisierung bedarf, soweit für die Beantwortung der Gutachtenfrage körperliche Eingriffe entsprechend § 81 a Abs. 1 Satz 2 StPO erforderlich sein sollten, zu denen der Angeklagte seine Einwilligung nicht erteilt. Die Untersuchungsanordnung muss nämlich, soweit sie körperliche Eingriffe mit umfassen soll, diese genau bezeichnen und darf die dahingehende Entscheidung nicht dem mit der Untersuchung betrauten Arzt überlassen (vgl. OLG Düsseldorf, StV 2005, 490 m.w.N.; Thüringer OLG, StV 2007, 24). Diesen Bestimmtheitsanforderungen würde die im angegriffenen Beschluss ausgesprochene Anordnung einer nicht näher konkretisierten Untersuchung angesichts der Vielzahl der in Frage kommenden Diagnoseverfahren, wie sie aus den schon vorliegenden Gutachten hervorgehen, nicht genügen, soweit von ihr körperliche Eingriffe mit umfasst sein sollten. Dies nötigt indes nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Da dem Gutachter, wie sich aus der Verfahrensakte ergibt, bereits medizinische Unterlagen zur Gutachtenerstellung übergeben wurden, ist nicht auszuschließen, dass körperliche Eingriffe im Sinne von § 81 a Abs. 1 Satz 2 StPO nicht mehr erforderlich sind. Darüber hinaus hat sich der Angeklagte in der Vergangenheit freiwillig den erforderlichen Untersuchungshandlungen gestellt, so dass angenommen werden kann, dass der ebenfalls ein Interesse am Ergebnis der Untersuchung habende Angeklagte auch bei der jetzt angeordneten Untersuchung in die gegebenenfalls erforderlichen körperlichen Eingriffe einwilligen wird.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.
Ende der Entscheidung
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